
Nach dem öffentlichen Dienst stellen die Kirchen in Deutschland den zweitgrößten Arbeitgeber des Landes dar. So sind rund 1,3 Millionen Menschen bei der katholischen oder der evangelischen Kirche und ihren verbundenen Organisationen, wie etwa der Caritas oder Diakonie, beschäftigt.
Kirchliches Arbeitsrecht gilt für alle diese Mitarbeiter. Doch wodurch zeichnet sich dieses eigentlich aus und welche Regelungen gelten aktuell im Jahr 2022? Der folgende Artikel liefert die Antworten auf diese Fragen.
Kirchliches Arbeitsrecht – Was ist das überhaupt?
Das kirchliche Arbeitsrecht stellt eine Kombination aus den verfassungsmäßigen Rechten der Kirche, den staatlichen allgemeingültigen Arbeitsrechtsbestimmungen und den kirchlichen Rechtsvorschriften dar. Es lassen sich jedoch durchaus große Unterschiede zwischen dem Arbeitsrecht für herkömmliche Arbeitnehmer in Deutschland und solchen, die bei der Kirche angestellt sind, ausmachen.
Mitarbeiter der Kirche sollten sich so beispielsweise mit dem Glauben und den damit verbundenen Grundsätzen ihres Arbeitsgebers identifizieren können. Ihr Verhalten sollte sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext danach ausgerichtet werden.
Eine wichtige Bedeutung geht im kirchlichen Arbeitsrecht von dem Loyalitätsverstoß aus. Wird von kirchlichen Mitarbeitern ein Loyalitätsverstoß begangen, sieht das kirchliche Arbeitsreicht als Konsequenz etwa eine Kündigung vor. Über Gehalt, Arbeitszeiten und Urlaubsansprüche liegt die Entscheidungsgewalt im Arbeitsrecht der Kirche darüber hinaus weder bei den Tarifverhandlungen noch dem Arbeitgeber. Diese Themen werden durch den Dritten Weg geregelt, welcher ein spezielles Gremium darstellt.
Beschluss des Änderungsgesetzes
Schon im Jahr 2015 wurde durch die Erzbischöfe und Bischöfe in Deutschland der Beschluss zu einem speziellen Änderungsgesetz gefasst. Mit diesem wird das Ziel verfolgt, eine zunehmende Liberalisierung der katholischen Kirche einzuleiten. In der Vergangenheit wurde schließlich immer wieder in der Öffentlichkeit für Aufsehen gesorgt, da kirchliche Mitarbeiter gekündigt wurden, da sie Loyalitätsverstöße begangen haben. Diese Fälle wurden oftmals bis vor das Arbeitsgericht gebracht.
Aus diesem Grund wurde die GrO, die Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse im April des Jahres 2015 verabschiedet. Allerdings ist diese Grundordnung lediglich als eine Art der Empfehlung anzusehen. Damit von dieser Grundordnung auch eine Rechtswirksamkeit ausgeht, wäre es nötig, diese in den Amtsblättern der Kirche zu veröffentlichen. Daneben ist das Gesetz durch den entsprechenden Ortsbischof in Kraft zu setzen.
Die Liberalisierung des kirchlichen Arbeitsrechts
Mit der Liberalisierung des kirchlichen Arbeitsrechtes in der katholischen Kirche wird grundsätzlich angestrebt, die gelebte Rechtspraxis besser zu beachten.
So soll beispielsweise eine erneute Heirat nicht zwangsläufig die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach sich ziehen. Auch sollen bestimme Verhaltensweisen im Privatleben der Mitarbeiter detaillierter und individueller bewertet werden. Damit geht zum Beispiel einher, dass Loyalitätsverstöße, wie die Wiederheirat oder das Eingehen von eingetragenen Lebenspartnerschaften besonderen Kündigungsbedingungen unterliegen sollen. Allerdings lediglich dann, wenn hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Kirche Zweifel bestehen. In anderen Fällen, in denen das kirchliche Arbeitsrecht strikt angewendet wird, müssen die Mitarbeiter nach wie vor mit entsprechenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Daneben wird angestrebt, das kirchliche Arbeitsrecht an die staatliche Gesetzgebung, der Gesellschaft und der Rechtsprechung anzupassen, deren Rahmenbedingungen sich ebenfalls im Laufe der Jahre verändert haben. So soll für kirchliche Arbeitnehmer beispielsweise ein Streikrecht bestehen, auch, wenn der Dritte Weg nach wie vor besteht.